Donnerstag, 29. März 2012

Vor dem Tor

   


Die Bedürfnisse und Besorgnisse der Bevölkerung:

Die stereotypischen Interessen von Männern und Frauen
scheinen seit 200 Jahren die gleichen zu sein -
sowohl im Proletariat als auch unter den Bürgern!

Männer begehre  Alkohol und das
weibliche Geschlecht (V. 814-816, 828-831
V.836-845).                                                         Frauen hingegen lästern und plaudern
                                                                             gerne, sind schnell eifersüchtig und haben
                                                                             natürlich auch ein großes Interesse
                                                                             an Männern (V. 832-835/ 876-883).
                                                                           

Frauen am Lästern

Auch gibt es in jeder Gesellschaft soziale
Unterschiede (V. 852-859)                                     und politische Unzufiredenheit
                                                                                   (V.846-851, 860-870).                                          

Foto Bettler in Mailand


  •  Auch ein Mitglied der Gesellschaft: junge, patriotische Soldaten                                                                                     verwendetes Stilmittel: militia amoris ( "Burgen mit hohen Mauern und Zinnen,                                                                 Mädchen mit stolzen höhnenden Sinnen möcht ich gewinnen! Kühn ist das Mühen, herrlich der Lohn! Und die Trompete lassen wir werben, wie zu der Freude so zum Verderben. Das ist ein Stürmen! Das ist ein Leben! Mädchen und Burgen müssen sich geben. Kühn ist das Mühen, herrlich der Lohn! Und die Soldaten ziehen davon.", V.884-902).
    Bildquellen:

 



Zur Stimmung in der Stadt:

Faust beschreibt, wie allmählich der Winter dem Frühling weicht und sich der Jahreszeitenwechsel auf die Bevölkerung auswirkt. Die Menschen sind gut gelaunt und kommen seit Langem wieder aus ihren Häusern heraus. Sie feiern die Auferstehng Christi und es scheint, als wären sie selbst auferstanden (V. 903-940).
Im Gegensatz zu Faust ist Wagner kein Freund der lauten und überfüllten Osterprozessionen (Vergl. V.941-948 und 981-992).

Fausts Seelenheil:


  • Das Volk ist Faust und seinem Vater für ihre Dienste als Doktoren dankbar (V.993-1007).
  • Faust wird allseits sehr geschätzt (z.B. V.1011-1021), meint jedoch, dass man ihn und seinen Vater zu Unrecht lobt (V.1024-1055). Seinen Vater bezeichnet Faust sogar als eine Art Scharlatan (V. 1038 ff.). Folglich wird wieder Fausts Unzufriedenheit darüber, dass er nur einen Bruchteil der Welt  begreifen kann, deutlich (V. 1064-1069).
  • Faust ist sehr naturverbunden. Die Natur bietet ihm die Möglichkeit von seinen Grübeleien loszukommen und zu entspannen; über die Natur kann er sich aber auch den Göttern nahe fühlen (V.1070-1099). Seinem Freund Wagner gegenüber äußert Faust seine Selbstmordgedanken (V. 1085 ff.). Er spricht davon, dass in ihm zwei Seelen wohnen, von denen die eine am Leben hängt, die andere des Lebens jedoch schon überdrüssig geworden ist. Diese Zwiegespaltenheit nimmt Faust als sehr unangenehm war (V.1112 -1125).
  • Als Antwort auf Fausts Monolog warnt Wagner vor dem Beschwören böser Geister, da diese angäblich nicht lange auf sich warten lassen, wenn man sie ruft ( V.1126-1141).


Begegnung mit dem Pudel - Ahhhh!



Auf Seite 34 wird deutlich, wie gestört Fausts Wahrnehmung bereits ist:
In einem niedlichen, spielenden, schwarzen Pudel, welchen Wagner beiläufig registrierte, sieht Faust jedoch den Teufel in Person. Allein die schwarze Farbe genügt Faust, diese Rückschlüsse zu ziehen. Aufgrund dieser Assoziation fühlt sich Faust durch die Anwesenheit des Hundes und sein Spielen bedroht (z.B.V. 1151-1155). Diese Reaktion erscheint Wagner (und auch mir!) vollkommen abstrus. Und trotzdem Faust den Hund für den Teufel hält, ruft er ihn zu sich. Aus diesem Verhalten lässt sich wieder einmal schließen, dass Faust sich bereit zum Sterben fühlt. Allerdings muss Faust bei näherer Betrachtung des dunklen Wesens feststellen, dass es sich doch tatsächlich um einen unschuldigen Pudel handelt (V. 1172/3).

Dienstag, 27. März 2012

Nachtszene

  • Faust redet mit dem Mondschein ( V. 386-397); "Trübsel'ger Freund" -> hat des öfteren die Nacht studierend verbracht
  • statt in seinem Zimmer ("Kerker", "Mauerloch") zu sitzen möchte er lieber hinaus in die Natur gehen (V.398-409)

Die Beschreibung von Fausts Arbeitszimmer (V. 398-409) erinnert mich an eine Federzeichnung, die ich dieses Halbjahr im Kunstunterricht angefertigt habe. Allerdings war dabei die Aufgabe, das Gedicht "The Raven" von Edgar Ellen Poe zu illustrieren. In meiner Zeichnung habe ich versucht, die düstere Endzeitstimmung, die in Poes Gedicht erzeugt wird, zum Ausdruck zu bringen. Meiner Meinung nach ist dieselbe Stimmung auch in Fausts Monolog von Vers 355 bis 409 vorzufinden. Da ich bei meiner Illustration von "The Raven" das lyrische Ich bzw. den Betrachter bei Mondschein und an seinem Schreibtisch sitzend habe aus dem Fenster gucken lassen, gibt es viele inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der Federzeichnung und Fausts Monolog. Während auf Fausts Schreibtisch Bücherhaufen, Gläser, Büchsen, Instrumente etc. liegen, sind es in meiner Zeichnung eine Pallasstatue und ein Kerzenleuchter. Gemeinsam beiden "Werken" ist wieder das steinerne Gewölbe.
  • Faust ereilt die Erkenntnis, dass die "freiwillige Gefangenschaft" in seinem Zimmer - abgeschieden von Natur und Gesellschaft - ihn krank zu machen scheint (V. 410-417). Die Auffassung, dass gemäß der Natur zu leben (Secundum naturam vivere! -> Vergleich Stoa und Epikureismus) etwas Ursprüngliches ist, wird deutlich.
  • Faust fordert sich selbst auf hinauszugehen. Das anfängliche Selbstmitleid weicht Tatendrang (V. 418 ff.)
  • Faust sieht die Natur nun als seinen neuen Lehrer bzw. sein neues Lehrmaterial an und erklärt sein bisheriges, "klassisches" Lernen als sinnlos und überflüssig (V. 426). -> seine Stimmung schlägt um: Er wird von Euphorie ergriffen ("junges heil'ges Lebensglück", "Das arme Herz mit Freude füllen,...", V. 430 ff.).
  • Faust denkt sofort, dass er seine Erkenntnis einem Gott verdankt ("War es ein Gott", V. 434). -> gläubig, Religion gehört für ihn zum Leben dazu
  • Faust hat die Natur vor seinem Geistesblitz gar nicht wahrgenommen (V.438 ff.).
  • Alsbald hält sich Faust selbst für einen Gott (V.439), was eine Hybris darstellt. Kurze Zeit später (V. 445) bezeichnet er sich jedoch wieder als ein Schüler. Faust scheint ein labiler Mensch zu sein, da er starke Gefühlsschwankungen aufweist. Am Anfang des Nachtkapitels war er am Boden zerstört, jetzt fühlt er sich himmelhochjauchzend. Seinen Formulierungen nach befindet sich Faust in einer Art Rausch:
"Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen
Und sich die goldenen Eimer reichen!
Mit sengenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen
Harmonisch all das All durchdringen!"
  • Allerdings ereilt Faust auch bald wieder die Ernüchterung (V.454-459). Nun ist er sich bewusst, dass er auch niemals die Natur vollständig begreifen wird.
  • Der Erkenntnisprozess hatte aber trotzdem eine positive Wirkung für Faust (V. 460 ff.). Plötzlich nimmt er seine Umgebung anders war und fühlt sich mutig und stark genug, neuen Herausforderungen zu begenen. (Faust wählt eindrucksvolle Metaphern für die Umschreibung der Herausforderunegn.)
  • Lichtveränderungen ("Der Mond verbirgt sein Licht - Die Lampe schwindet!" ->Motiv Licht!) läuten erneut eine Phase der Trance ein (V. 471-476):
"Es dampft! - Es zucken rote Strahlen
Mir um das Haupt - Es weht
Ein Schauer vom Gewölbe herab
Und fasst mich an!
Ich fühl's du schwebst um mich, erflehter Geist.
Enthülle dich!"

  • Faust beschwört einen Geist hinauf (V. 475 ff.). Als er ihm erscheint, würde er sein übermütiges Verhalten jedoch lieber wieder ungeschehen machen (V. 485).
  • Der Geist kann es nicht leiden, gerufen und dann verschmäht zu werden. Er wünscht sich den entschlossenen, furchtlosen Faust herbei, den er nur allzu selten zu Gesicht bekommt. Stattdessen ist er den Anblick des schreckhaften, unentschlossenen Faust gewöhnt (V. 485 ff.).
  • Wagner klopft an Fausts Tür an. Er ist Komödiant/ Pfarrer und arbeitet auch sehr viel (522-533).
  • Faust ist der Meinung, dass man andere Menschen nur überzeugen und bewegen kann, wenn man es aus tiefster Seele versucht (V. 534-545).
  • Wagner meint, er sei mit seiner Redekunst auf dem richtigen Weg, Faust hingegen findet Wagners Gerede überflüssig und schlecht (V. 546-557).
  •  Wagner ist ähnlich frustriert wie Faust darüber, wie schwer es ist, auf den Grund der Tatsachen vorzustoßen (V. 558-565).
  • Faust fühlt sich Wagner überlegen und nimmt eine Art Lehrerfunktion ein (V. 566 ff.); er bezeichnet Wagner als seinen Freund (V. 594).
  • Wagners erklärtes Ziel ist es, die Welt und den menschkichen Geist bzw. das menschliche Herz wenigstens ansatzweise zu ergründen (V. 585/6).
  • Faust meint, dass die wenigen Menschen, die es zu teilweiser Erkenntnis gebracht haben, deswegen öffentlich hingerichtet wurden, weil das allgemeine Volk sie für verrückt erklärte (V. 588-593). 
  •  Faust möchte die Konversation beenden -es sei schon spät in der Nacht. Wagner hingegen schätzt den Dialog mit Faust sehr. Man erfährt, dass es kurz vor Ostern ist (V. 594-601).
  • Faust kann nicht nachvollziehen, wie hoffnungsvoll und leicht zu befriedigen Wagner immer ist. Außerdem ist er erzürnt, dass Wagner ihn mitten in seinem eingebungsvollen Moment gestört hat (V.602-607). Andererseits ist er aber auch erleichtert, von seinen erdrückenden Gedanken einen Moment befreit worden zu sein (V. 608-613).
  • Faust realisiert seine Hybris, die er sogleich büßen muss (V. 614-622).
  • "Ich fühlte mich so klein, so groß;...", V. 627-> Ausdruck seiner Stimmungsschwankungen
  • Faust bedauert, dass man sich immer selbst im Weg steht (V.632/3) und dass das Übel niemals ausbleibt (V. 638 ff.).
  • Faust erkennt, dass er noch nicht göttlich ist, da er wie alle anderen Menschen von unangenehmen Gefühlen gequält wird (V. 640-655). Er vergleicht seinen Zustand erneut mit dem eines Regenwurmes.
  • Faust ist auf der Suche nach dem Glück und bezweifelt, dass er es in seinem Arbeitszimmer finden wird (V. 656-685).
  • Paraklausityron als Motiv: Faust steht vor verschlossener Tür und kann sie nicht öffnen (V. 670/1)
  • Lichtmotiv kündigt Gefühlswechsel an: "Warum wird mir auf einmal lieblich helle, als wenn im nächt'gen Wald uns Mondenglanz umweht?": 
  1. Die Phiole ist für Faust der Inbegriff von Kunst, ihr Anblick allein besänftigt seine Seele (V. 686 ff.).
Wikipedias Definition einer Phiole:
"Eine Phiole (lateinisch fiola, griechisch φιάλη phiale „Schale“, „Gefäß mit breitem Boden“) ist ein birnenförmiges Glasgefäß mit langem, engem Hals, das bereits von den Alchemisten der Antike benutzt wurde. Im Unterschied zu den meisten Kolbenformen haben Phiolen jedoch keinen ausgeprägten Boden, der ein freies Stehen ermöglichen würde, da sie unten rund sind."
(Fausts Erläuterung ist ab Vers 720 zu lesen.)

    2.   "Dies hohe Leben, diese Götterwonne! Du, erst noch Wurm, und die verdienst du?" -> Faust hält sich momentan abermals für etwas Göttliches und wäre ganz naiv wieder dazu bereit, sich allen möglichen Gefahren zu stellen (V. 703 ff.).

    3.   Faust betrinkt sich mit Alkohol. Daraufhin ertönen Glockenklang und Chorgesang. Dass die Osterprozession gerade in dem Moment beginnt, in dem Faust Alkohol konsumiert, erzeugt beim Leser/ Hörer/ Zuschauer eine komische Wirkung, da dieser das Ertönen zunächst für die Wirkung des Alkohols auf Fausts Geist hält (V.732 ff.).  





Und zum Schluss eine gelungene Umsetzung von Goethes Szene "Nacht" - für all diejenigen, die selbst zu faul zum Lesen sind! :)

Freitag, 23. März 2012

Eingangsmonolog FAUSTS (V.355-385)

Fausts Situation: 
-hat Philosophie, Jura, Medizin undTheologie studiert und promoviert (V.354-361)  -> besitzt Verstand      
- unterrichtet seit zehn Jahren (V. 361-363)
- ist verzweifelt, weil er meint, nicht viel schlauer als vorher zu sein (V. 359, 364 ff.)
->
           + stoische Ruhe gegenüber dem Tod (V.368/9)
            - hat keine Freude (wie Gott; Gegensatz zu Mephisto) (V.370)
            - hat Komplexe; Ist enttäuscht, weil er festgestellt hat, dass der Mensch  
              nur einen Bruchteil der Welt versteht (V.371-373; V.364/5).
            - ist nicht wohlhabend (V.374)
            - hat keine Würde(V.375)
            -  will keine großen Reden mehr schwingen (V.379 ff.)
        ->  HÄLT SEIN LEBEN FÜR NICHT LEBENSWERT(V.376)

sprachliche Auffälligkeiten:
  •  viele Ausrufe -> Erregtheit
  • Asyndeta
  • Diskrepanz zwischen dem, was er erwiesener Maßen ist (promovierter Lehrer) und dem, wie er sich fühlt (Tor)
  • sehr emotional, Selbstmitleid ("ich armer Tor!"; "Das will mir schier das Herz verbrennen."; "Drum hab ich mich ...ergeben,...")
  •  viele Metaphern ("...ziehe...meine Schüler an der Nase herum..."; "Das will mir schier das Herz verbrennen."; "mit sauerm Schweiß")
  • Anapher ("Bilde mir nicht ein....,bilde mir nicht ein...") auch Parallelismus
  • Alliterationen ("zu bessern und zu bekehren...weder Gut noch Geld,...")
  • Antithese (V.366 ff.)

Donnerstag, 22. März 2012

PROLOG IM HIMMEL

beteiligte Figuren: 
der Herr, die himmlischen Heerscharen, Mephistopheles, die drei Erzengel (Raphael, Gabriel, Michael)


 der Herr:
- ernst, allwissend (V.275-282)
-gelangweilt über Klagen Mephistos (V.293-295)
- ihm dienen die Menschen (V. 309) und Mephisto (V.313)
- kümmert sich um die Toten


 Mephisto
= Teufel (V.353)
- wird durch Beschreibung der Naturgewalten majestätisch angekündigt
("Und alle deinen hohen Werke sind herrlich wie am ersten Tag.", V. 269/70)
-"Kontaktperson" für den Herrn auf Erden (V. 271/2)
-gibt sich auch mit "Gesinde" ab (V.274)
- humorvoll (V.278/9)
   -> ironische Ausdrucksweise ("In jeden Quark begräbt er (der Mensch) seine Nase", V. 292)
- kann sich nicht vornehm ausdrücken (V.275/6), nicht sehr gebildet (V. 279/80)
- meint, die Menschen würden besser leben, wenn Gott ihnen nicht die Vernunft gegeben hätte (V.283-292)
 - unzufrieden mit Leben auf Erden (V. 296)
- kümmert sich um die Lebendigen (V. 318-322)


Inhalt
Mephisto und der Herr diskutieren über Fausts Schicksal (hauptsächlich V.312-329). Letztendlich gibt der Herr nach. Aus der Art und Weise der Diskussion wird deutlich, dass der Herr und Mephisto sich gegenseitig schätzen und respektieren (V.350-354; V.336-339).


mögliche Funktion dieser Szene für die weitere Handlung
In dem Prolog werden die Figuren Mephisto und der Herr vorgestellt und deren Beziehung zueinander verdeutlicht. Von diesem Standpunkt aus erwarte ich, dass im Verlauf der Tragödie, Faust ein Schicksalsschlag ereilt, mit dem er zu kämpfen haben wird.
Darüberhinaus könnte ich mir vorstellen, dass es zwischen dem Herrn und Mephisto zu einem Streit um Faust kommen wird, Mephisto sich über den Herrn stellen will und seine Macht uberschätzt (Hybris), Gott aber letztendlich die Oberhand behält.